Wie immer, wenn es im eigenen Land nicht ganz rund läuft, kommt diese Stimmung auch in unserer Pferdebranche an.
In dieser Kolumne möchte ich ein paar Aspekte beleuchten, die wir uns trotz aller Herausforderungen immer wieder vor Augen führen sollten.
Die Krise, die unsere Volksparteien in Deutschland und auch in Europa gerade durchleben, lässt sich durchaus auf Verbände der Pferdewelt übertragen. Es sind über Jahrzehnte, genauer gesagt nach dem 2. Weltkrieg Systeme, Parteien und Organisationen geschaffen worden, die zu dieser Zeit genau für das Richtige geschaffen wurden.
Nur im Laufe der Zeit ist es ratsam, sich den aktuellen Bedingungen anzupassen und manch lieb gewonnenes „so war es immer“ zu hinterfragen.
Es fällt oft nicht leicht, das vertraute System zu ändern. Meist muss der Schmerz erst so groß sein, dass der Umbruch, mit allen Verlusten, die dazugehören, unumgänglich ist.
Oft ist dieser Neuanfang allerdings heilsam. Und egal, ob ich mir den Bundestagswahlkampf, die deutschen Zucht- und Reitverbände, die FN, die FEI oder im Fußball die FIFA anschaue, auf Vieles passt es ziemlich genau.
Viele Gesetze, Paragrafen und Regelungen sind aus gutem Grund entworfen worden und haben sich auch weiterentwickelt, andere sind über die Jahre einfach entartet ohne, dass sich einer getraut hat, sie wieder einzufangen.
Die Zucht vor immer größeren Herausforderungen
Zum einen meine ich die hausgemachten Entwicklungen, zum anderen große Themen, die von außen an die „Pferde Community“ herangetragen werden.
Vermutlich wird der anhaltende Rückgang der Zucht in allen Bereichen automatisch viele Zuchtverbände vor die wirtschaftliche Frage stellen, wie es weitergehen kann.
Und damit einhergehend der Spagat zwischen Mitgliederbetreuung, Dienstleistung, Selektiver Beurteilung und der Vermarktung. Ein Zuchtverband, der mir dabei immer wieder auffällt, kommt aus dem belgischen Lanaken.
Nach unserem deutschen System undenkbar, egal, ob von Verbandsseite oder auch von behördlicher Seite.
Nur wie viel macht dieser Verband, nüchtern betrachtet, verkehrt?
Aus Züchtersicht anscheinend nicht viel. Flexibel, liberal, schnell, hilfsbereit, unkompliziert, kostengünstig und fokussiert auf Spitzensport und Vermarktung. Und jetzt sollen wir den deutschen Züchtern erklären, dass es bei uns so nicht möglich ist.
Wie heißt es so schön: Sie stimmen mit den Füßen ab.
Auch der Grundgedanke eines gemeinsamen Deutschen Pferdes ist theoretisch eine gute Idee, aber mit unserem deutschen klein-klein vermutlich die nächsten hundert Jahre undenkbar, obwohl Teile der süd- und ostdeutschen Zuchtverbände mit dem DSP die Blaupause dafür bereits entwickelt haben.
Dass von außen sowohl der Naturschutz als auch der Tierschutz eine riesige Herausforderung für alle Pferdeleute ist, bleibt unbestritten. Wie man damit in Zukunft umgeht und eine Akzeptanz in einer Bevölkerung erreicht, die immer weiter von Extremismus getrieben ist, bleibt ein „dickes Brett“.
Der Reitsport im Umbruch
Auch hier erlebe ich innerhalb des Sports die gleichen Veränderungen wie im täglichen Leben.
Die Schere zwischen normalen und privilegierten Menschen geht immer weiter auseinander. Dass Reiten ein Volkssport war, wie in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, ist lange Geschichte. Vielen Bevölkerungsgruppen Deutschlands werden wir den Pferdesport nicht mehr schmackhaft machen können. Auf der einen Seite hat der Umgang mit einem Lebewesen, der Wettstreit, die Disziplin, die Verantwortung, der Teamgeist und die Gemeinschaft viele Aspekte, die heute wichtiger sind, denn je.
Wir schaffen es nur leider nicht, diese Geschichte laut zu erzählen und für uns zu nutzen.
Auf der anderen Seite müssen wir darauf achten, Außenstehenden die Möglichkeit des Einstiegs so leicht und unkompliziert, wie es nur geht, zu machen. Ich weiß, dass Öffentlichkeitsarbeit oft ein teures und undankbares Geschäft ist, nur, wenn wir es trotz aller Umstände nicht schaffen eine breite Basis zu erhalten und zu fördern, schaffen wir uns selbst ab.
So ist das aktuelle „100 Schulpferde plus – Programm“ aus Warendorf ein Wegweiser in die richtige Richtung.